Donnerstag, 14. Mai 2015

Armer Musiker aus Österreich bescherte der Wissenschaft reiche Funde aus Ägypten

München (pressemitteilungen) – Ein armer und kranker österreichischer Musiker sowie Fossiliensammler hat von 1897 bis 1914 deutsche und amerikanische Wissenschaftler mit Funden einzigartiger Urzeit-Tiere aus Ägypten versorgt. Er barg in mühsamer Arbeit unter großer Hitze fossile Reste von Urwalen, Affen, Menschenaffen, Seekühen, Fischen, Schildkröten, Krokodilen, Schlangen und Dinosauriern.

Bei dem Mann, von dem hier die Rede ist, handelt es sich um Richard Markgraf (1869-1916). Er war in Preßnitz im nordböhmischen Erzgebirge zur Welt gekommen, das bis 1918 zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte. Er schloss sich um 1885 mit etwa 15 Jahren einer reisenden Musikergruppe an und befand sich um 1897 krank und völlig verarmt in Ägypten. Offenbar litt er an einer Infektion der Atemwege, vielleicht an Tuberkulose.

Zufällig begegnete Markgraf 1897 in Kairo dem deutschen Geologen und Paläontologen Eberhard Fraas (1862-1915), der ihn für seine Expedition in die Mokattam-Berge engagierte. Dabei lernte Markgraf Grundlegendes für die Bergung von Fossilien. In der Folgezeit arbeitete Markgraf als Fossiliensammler für Fraas und dessen Naturalienkabinett Stuttgart.

Später beteiligte sich Markgraf auch an den Ägypten-Expeditionen des Münchener Paläontologen Ernst Stromer von Reichenbach (1871-1952) in den Wintern 1903/1904 und 1910/1911. Dank der Vermittlung von Stromer arbeitete Markgraf auch für das Frankfurter Senckenberg-Museum. 1907 begegnete Markgraf einer amerikanischen Expedition unter Leitung des Paläontologen Henry Fairfield Osborn (1857-1935) und sammelte fortan auch für das American Museum of Natural History in New York.

Markgraf wurde ein Freund und wichtiger Helfer von Ernst Stromer, der im Januar 1911 in der Bahariyya-Oase in der Sahara die ersten Dinosaurier Ägyptens entdeckte. Bis 1914 grub Markgraf in der Bahariyya-Oase, barg dort zahlreiche Dinosaurier-Reste und schickte diese zu Stromer nach München. 1912 fand er das Teilskelett des Raub-Dinosauriers Spinosaurus. Der Erste Weltkrieg (1914-1918) legte seine Grabungstätigkeit lahm.

Stromer beschrieb von 1915 bis 1934 insgesamt vier bisher unbekannte Dinosaurier aus Ägypten: 1915 Spinosaurus (Dornen-Echse), 1931 Carcharodontosaurus (Haizahn-Echse), 1932 Aegyptosaurus (Echse aus Ägypten) und 1934 Bahariasaurus (Echse aus Bahariyya). Spinosaurus gilt heute mit einer Länge bis zu 18 Metern, einem Gewicht von schätzungsweise 9 Tonnen, einem 1,75 Meter langen Schädel und einem 1,70 Meter hohen Rückensegel als der größte Raub-Dinosaurier der Welt. Neuerdings betrachtet man ihn als Fischjäger.

In dem Taschenbuch „Der rätselhafte Spinosaurus“ (GRIN-Verlag, München) des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst werden Leben und Werk des Forschers Ernst Stromer von Reichenbach geschildert sowie die Leistungen des Fossiliensammlers Richard Markgraf gewürdigt. Markgraf starb 1916 während des Ersten Weltkrieges im Alter von nur 47 Jahren. Ernst Stromer schrieb über ihn einen Nachruf, in dem er die Bedeutung von Markgraf für die Erforschung der Wirbeltierpaläontologie Ägyptens hervorhob.

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